Im Jahre 2010 gab es einen Paukenschlag, von dem nicht abzusehen war, wie sehr sich die Scheinheiligkeit einiger Menschen durchsetzen und bizarr präsentieren würde. Dabei ist es doch scheinbar so wichtig, ehrlich zu sein und den Realitäten ins Auge zu sehen. Die Zeitschrift „Brigitte“ verkündete in dem erwähnten Jahr, dass es keine Models mehr für ihre Präsentation der Mode engagieren will. Man versprach sich eine höhere Auflage, mehr Prestige. Man wollte Vorreiter einer Revolution sein. Keine perfekten Körper und Gesichter und keine geschönten Fotos von wesenlosen Gestalten mehr. Es sollten künftig Menschen aus dem Leben sein, mit Hüften oder gar Speckröllchen, mit Cellulite, mit Pickeln, mit Falten. Nicht nur das; auch Name, Beruf und ein bisschen Lebensgeschichte durften nicht fehlen.
Nun zog man Bilanz. Das Ergebnis für die Herausgeber des Frauenmagazins ist eine Katastrophe. 22 % weniger Abos wurden verkauft. An den Kiosken waren sogar 35 % weniger gewillt, diese Zeitschrift zu erwerben. Da ein Ende der Talfahrt nicht in Sicht ist, greift man wieder auf Altbewährtes zurück. Nun sollen wieder die perfekten, wesenlosen und geschönten Models in Konfektionsgröße 32 bis MAXIMAL 36 die Blätter zieren. Denn in der Ursachenforschung für die Misere, kamen bemerkenswerte Begründungen zum Vorschein. Den Leserinnen hat man das Träumen genommen. Es waren auf einmal Frauen zu sehen, die konkret, vielleicht gar aus der Nachbarschaft waren und nun die Mode darboten. Kein Spielraum mehr für Illusionen, sondern der Blick in die eigene Welt wurde sichtbar. Eine Realität mit Identifizierungspotenzial, das man nicht sehen wollte. Tatsachen, die einen Horizont aufzeigten, der endlich war und ihr Vorstellungsvermögen hinderte.
Die Auflage wird bestimmt wieder steigen, getreu nach dem Motto: Was ist schon Realität.
Balmung
Sa 22 Sep - 0:06:40 sidneybristow